Was ist Kontemplation?

Kontemplation ist ein christlicher Weg zur Gotteserfahrung auf den Spuren abendländischer Mystikerinnen und Mystiker (z.B. Meister Eckehart, Johannes vom Kreuz, Theresa von Avila). Durch das Loslassen aller Gedanken und Vorstellungen (auch der über Gott), und das Sich-Einlassen auf das eigene Wesen, kann die Einheit mit dem göttlichen Urgrund erfahren werden, welche sich auch im Alltag bewährt und bewahrheitet. Wir verstehen die Kontemplation als eine im stillen Sitzen einzuübende Form der gegenstandsfreien Meditation.
Hier weitere Informationen.
Grundlagen der Kontemplation
Kontemplation ist zuerst etwas durch und durch Praktisches. Das Wesen der Kontemplation erschließt sich mir, indem ich es tue. Das bedeutet zunächst, dass ich alles Meinen und Diskutieren hinter mir lassen muß. Denn alles Diskutieren stößt schnell an Grenzen und kann niemals die wirkliche Fülle, worum es in der Kontemplation geht, erschließen.
Kontemplation im christlichen Sinne meint, eins zu sein mit dem Göttlichen in mir. Es ist nicht bloß eine Vorstellung, sondern eine Erfahrung, in der sich mir etwas völlig Neues zeigt. Dieses göttliche Ereignis ist allerdings nicht etwas, das man irgendwo willentlich erlangen kann, sondern es ist jenseits des Fassbaren. Es ist etwas, was mich unvermittelt und plötzlich umgreift. Es ist eine Wirklichkeit, die in jedem Augenblick präsent ist. Wer bereit ist, sich dieser Wirklichkeit zu öffnen, hat die Möglichkeit, von diesem Mysterium angerührt zu werden.
Die kontemplative Übung
Die kontemplative Übung beinhaltet mehrere Schritte: Achtsamkeit, Loslassen, Einswerden, Neuwerden, Bezeugung im Alltag.
  • Die Achtsamkeit ist nicht nur ein Bemerken oder Wahrnehmen, sondern ein Spüren, ein "Innewerden", dass und worin ich richtig oder falsch liege.
  • Das Loslassen bedeutet ein "Sich-Lassen". Das Sich-Lassen meint nicht nur das Fahrenlassen von Dingen, an denen ich hänge und festhalte, sondern ein "Sich-Einlassen" auf das Unvorhersehbare und Ungewisse meines eigenen Urgrunds. Es bedeutet auch das Loslassen von feststehenden Denk- und Verhaltensmustern. Erst in dem Maße, als ich lerne, meine starren Ordnungen und festgelegten Meinungen, wie "man" in der Welt zu sein und zu handeln hat, loszulassen, kann ich mit meinem eigentlichen, göttlichen Wesen eins werden.
  • Die Erfahrung des Einswerdens mit dem Göttlichen ist zugleich die Erfahrung meines eigenen Wesens; Gottes- und Menschenerkenntnis sind eine Erfahrung. Gotteserfahrungen sind auch menschliche Erfahrungen und damit nie endgültig; sie sind immer vorläufig. Das heißt, dass ich jede noch so lieb gewonnene Erfahrung wieder loslassen muß, damit ich mich immer wieder neu empfangen kann.
  • Der kontemplative Weg ist ein prozesshafter Weg von Sterben und Neuwerden. Dies fordert Disziplin, eine Not auszuhalten und das Leiden mit Vertrauen und Mut zu durchschreiten. Jede so genannte große Erfahrung bewirkt einen Neuanfang.
  • Die Erfahrung des Einswerdens mit dem göttlichen Urgrund hat einerseits erlösenden Charakter, aber es verpflichtet mich, Zeuge dieser Erfahrung in dieser Welt zu sein. Im alltäglichen Tun geht es darum, unter den jeweiligen Bedingungen der augenblicklichen Situation zu bezeugen, was in der Stille erfahren und geübt wird. 
  • Weitere Informationen zum Würzburger Forum der Kontemplation.
Der Kurs Kontemplation

Der Kurs hat eine klare Tagesstruktur, die am frühen Morgen mit dem Wecken beginnt und uns bis zur Nachtruhe um 21.00 Uhr durch den Tag begleitet. Die Übungsmethode, die in Stille und Kontemplation hinein führt, ist intensiv, deshalb ist während des gesamten Kurses Schweigen absolut notwendig.
Aufgerichtetes Sitzen in Stille, langsames und schnelles Gehen, Bewegung und Gebärde, Rezitation, Vokaltönen, Vorträge und Einzelgespräche sind in der Struktur des Tages enthalten.
Eine Einführung in Kontemplation ist Voraussetzung für die Teilnahme.
Die "Wolke des Nichtwissens"
Am 24. Juni 2012 wurde die „Wolke des Nichtwissens - Kontemplationslinie Willigis Jäger" in einem Festakt am Benediktushof öffentlich vorgestellt und begründet. Franz Nikolaus Müller hat dabei in einem Vortrag die wesentlichen Aspekte dieser Kontemplationslinie dargestellt:

In vier Punkten möchte ich das Profil dieser Kontemplationslinie darstellen:

1. Was verstehen wir unter Kontemplation?
2. Warum eine "Linie"?
3. Der Bezug zur „Wolke des Nichtwissens"
4. Die Prägung durch Willigis Jäger

1. Was verstehen wir unter Kontemplation?

Von Jesus heißt es im Neuen Testament des Öfteren, dass er sich zurückzog in die Stille, in die Einsamkeit, um zu beten. Und wir lesen auch Sätze wie „Ich und der Vater sind eins“, Ehe Abraham war, bin ich" usw.; die – ganz in der Tradition des „vierfachen Schriftsinnes", 'die von Origenes und anderen wichtigen Theologen der frühen Kirche entwickelt wurde — im mystischen Sinns gedeutet werden können.

Wenn wir dieser Sicht folgen, entsteht ein Bild von Jesus als einem Kontemplativen, der tiefgehende Einheitserfahrungen gemacht hat und deshalb der »Christus" genannt wird, weil er die grundlegende Einheit mit dem Urgrund erfahren und repräsentiert hat — und seine Gemeinde anleitet, ihm auf diesem Weg zu folgen.

Die Wüstenväter und -mutter entwickeln ab dem 3. Jahrhundert Methoden (Wege), um in eine Seins-Erfahrung zu kommen, die sie zumeist Hesychia („Herzensruhe") nennen. Sie praktizieren das Sitzen. in der Stille, das Üben mit einem Wort oder einem kurzen Satz und werden damit zu den Wegbereitern der späteren kontemplativen Orden.

Der Brief von Guigo dem Karthäuser, (12. Jahrhundert) zeigt uns das mittelalterliche Verständnis christlicher Spiritualität mit 4 Stufen: Lectio (Lesung), Meditatio (Betrachtung), Oratio (Wortgebet) und Contemplatio, die auch „Gebet der Stille"„ ,Gebet der Ruhe", „Inneres Gebet", „Übung der inneren Einkehr" usw. genannt wird. Demnach ist die Kontemplation die tiefste Form. des spirituellen Weges, die aber andere Formen nicht ausschließen muss.

Kontemplation ist etwas Urmenschliches. Praktiken des Verweilens in der Stille finden wir in vielen, wenn nicht allen Kulturen und spirituellen Traditionen. Als Beispiel sei der Indianerhäuptling Ohiyesa genannt, der 1912 schreibt: »Was ist Schweigen? - Es ist das große Geheimnis. Das Heilige Schweigen ist seine Stimme" (H. Halbfas, Das Welthaus, 303). Kontemplation ist ein Weg, der uns über das Konfessionelle hinausführt und uns auf die Erfahrung der Einheit allen Seins verweist, eine Erfahrung, die mit Worten nur unzureichend beschrieben werden kann. Der Mensch ist seinem Wesen nach ein homo contemplativus!

2. Eine ”Linie"?

Wir kennen Traditionslinien - nicht nur im Zen- sondern auch in den unterschiedlichen Ordensspiritualitäten die ein je besonderes Profil entwickelt haben.

Unsere Kontemplationslinie versteht sich in der Tradition jener christlichen Mystiker/innen, die klar transpersonal ausgerichtet sind, die non-duale Erfahrungen gemacht und non-duale Deutungen und Auslegungen gegeben haben.
Z. B.: Meister Eckhart, Margarete Porete, Teresa von Avila und Johannes vom Kreuz und viele, viele andere....
In einer heute oft üblichen Sprechweise kann man auch sagen, dass zum Profil unserer Kontemplationslinie gehört, dass sie eine „nichtgegenständliche Meditation" lehrt und vermittelt, im Sinne von Johannes Tauler: „Der Mensch lasse die Bilder der Dinge ganz und gar fahren und mache und halte seinen Tempel leer ..." (Predigt 25, Hofmann)
Die Kontemplationslinie steht ganz in der Tradition der „negativen Theologie", die davon ausgeht, dass man über das Mysterium letztlich nicht sprechen kann, weil es Begriffe und Vorstellungen übersteigt. Es kann nicht begriffen, sondern nur erfahren werden, „geschaut" werden. „Schau" im Sinne des „Schauens mit dem dritten Auge", ein Konzept, das von Hugo und Richard von St. Victor im 12. Jhdt. entwickelt wurde. Mit „(Gottes-)Schau" wird das Wort „Kontemplation" oft übersetzt, dahinter steht das griechische „theoria". Es geht also hier um „Wesens-Schau". Der Fuchs im Kleinen Prinz sagt es so: »Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."

3. Bezugspunkt: „Wolke des Nichtwissens"

Die „Wolke des Nichtwissens" wurde um 1390 in England von einem Karthäuser verfasst, manche Forscher nennen die Karthause Beuval in Yorkshire als seine Abtei. Der unbekannte Mönch führt einen Schüler behutsam ein in die Praxis der Kontemplation. Dabei nimmt er die Symbolik der Wolke auf, ein Motiv, das die christliche Mystik oft aufgegriffen hat. Seinen Ursprung hat dieses Bild bei Mose und seiner Gottesbegegnung auf dem Sinai (Ex 16,10). Der Autor unterscheidet die Wolke des Vergessens — dabei geht es zunächst um das Lassen aller Bilder und Konzepte etc. und die Wolke des Nichtwissens — damit ist das Eintreten in eine wortlose (Gottes-)Erfahrung gemeint. Der Schüler wird so behutsam in die oben skizzierte Erfahrung geführt, die transpersonal, non-dual und im Raum des Unaussprechlichen ist.

4. Prägung durch Willigis Jäger

Willigis Jäger hat mehrfach sein Anliegen beschrieben: Die Kontemplation einerseits wieder mehr in die Kirchen zu bringen. Religion behält ihre Bedeutung, soll aber über sich hinausweisen. Das bedeutet, Menschen zu einer reifen Spiritualität zu führen, die transkonfessionell ist. Andererseits ist der Weg der Kontemplation an keine religiösen Voraussetzungen gebunden, er steht auch Menschen offen, die keiner Konfession angehören. Es geht darum, Menschen in eine Erfahrung zu führen, in der sie begreifen, wer sie/wir eigentlich sind ...

Willigis Jäger hat diese Erfahrung im Zen in Japan gemacht und gesehen, dass es diese Möglichkeit auch in der christlichen Tradition, in der Mystik und den damit verbunden spirituellen Übungswegen gibt.
Daher sind die zwei zentralen Säulen der Stiftung „West-östliche Weisheit" Zen und Kontemplation: die Zen-Linie „Leere Wolke" und die Kontemplationslinie »Wolke des Nichtwissens“ sind Geschwister und beide gleichsam die Kinder von Willigis.

Der Kontemplationslinie gehören über 100 von Willigis ernannte
Lehrer/innen an. Viele Lehrer/innen der Kontemplationslinie. „Wolke des Nichtwissens" sind
auch weiterhin Mitglieder im Würzburger 'Forum der Kontemplation (WFdK), das aus der Würzburger Schule der Kontemplation (WSdK) hervorgegangen ist.
Ich schließe diese Vorstellung Kontemplationslinie „Wolke des Nichtwissens" mit einem Wort von Willigis: „Wer in diese Erfahrung gelangt, erfährt sich als Einheit, Verbundenheit und Liebe".
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